Samstag, 30. Juni 2007

Verhinderung der Etablierung einer sozialdemokratischen Partei in Südtirol

Dazu gibt es mehrere Gründe:


1) Nebenerwerbsbauern, die in Industriebetrieben arbeiten, fühlen sich immer noch als Bauern, weil sie glauben damit höheres soziales Ansehen zu genießen. Außerdem sind sie meist in dörflichen Vereinen integriert. Ein Arbeiterbewußtsein entwickeln sie so nicht.


2) Vorherrschend ist in Südtirol konservativ-klerikales Denken. Der verstorbene Bischof Gargitter hatte in einem Fastenhirtenbrief in den 60-er Jahren die Sozialdemokratie als Vorstufe zum Kommunismus bezeichnet und dieser sei in seiner Grundstruktur gottlos. Daher seien solche Parteien mit dem Christentum nicht vereinbar. Das hat dem damaligen Vorsitzenden der Sozialen Fortschrittspartei Südtirols, Dr. Egmont Jenny in der Vorwahlzeit sehr geschadet.


3) Es wurden mehr als zweifelhafte und sehr unfaire Methoden angewandt, um den Wahlkampf der Sozialen Fortschrittspartei Südtirols (damalige Sozialdemokraten) mit allen möglichen Mitteln zu behindern. So wurden ortsbekannte Alkoholiker "angefüllt" um die Veranstaltung zu stören und die Veranstaltung dem Gelächter preiszugeben. Es kam auch vor, dass man einen Schwachsinnigen anleitete das Kabel zur Lautsprecheranlage zu durchschneiden.


4) Der ehemalige Landeshauptmann Dr. Silvius Magnago hatte die Idee eine eigene "Arbeitnehmer-Partei" von oben herab zu gründen, um so den echten Sozialdemokraten dass Wasser abzugraben. An die Spitze dieser Bewegung wurden Leute gesetzt, die das Vertrauen der Partei genossen. So hatten in der so genannten "Sammelpartei" angeblich alle Strömungen Platz.


5) Die spezielle Situation Südtirols, das nach dem 1. Weltkrieg von Italien annektiert wurde, liefert der mit einer satten Mehrheit seit 1945 regierenden Südtiroler Volkspartei das Argument vom "Zusammenhalten müssen" (gegenüber dem Zentralstaat) und dies wird weidlich für handfeste wirtschaftliche Interessen ausgenützt. Andere deutsche Oppositionsparteien (besonders linke) stören nur und gefährden angeblich die starke ethnische Position gegenüber Rom. Seit dem Jahr 1972 hat das Land Südtirol eine weitreichende Autonomie erkämpft. Im Interesse einer besseren Demokratie würde mehr Pluralismus gut tun und würde auch zu einer geistigen Öffnung führen. Auch die Hegemonie der Athesia-Presse (konservativ-klerikale Ausrichtung), das fast einem Monopol gleichkommt, ist einer Demokratisierung des Landes nicht förderlich.

Dienstag, 19. Juni 2007

Eine Klarstellung (Dr. Egmont Jenny)

Eine Klarstellung
(erschienen in den Südtiroler Nachrichten Nr. 5, Sep./Okt. 2005)


von Egmont Jenny Anfang November haben die Arbeitnehmer in der SVP in Lana ihren 30. Geburtstag gefeiert. Ich weiß nicht, ob die Begründer dieser Richtung, die sich dort versammelt haben, ein bestimmtes Ereignis und die genaue Motivation für diesen Schritt noch in Erinnerung haben. Ich möchte ihnen dabei helfen. Maßgebend war sicher die zunehmende Verbreitung sozialdemokratischer Ideen Ende der 60er Jahre in Südtirol. Es lohnt sich, die Etappen dieser Entwicklung in Erinnerung zu rufen. Sie begann, als Egmont Jenny auf Empfehlung von Bruno Kreisky, damals österreichischer Außenminister, auf die Kandidatenliste der SVP für den Landtag gesetzt und im Herbst 1964 auch gewählt wurde. Im Januar 1965 gründete eine kleine Gruppe von SVP-Leuten zusammen mit Jenny den "Arbeitskreis für Sozialen Fortschritt" mit der Absicht, in Erfüllung des Statutes der Sammelpartei einen linken, sozialdemokratischen Flügel zu etablieren. Bald wurde klar, daß die konservativ-klerikale Führung das nicht dulden würde. Nach dem Hirtenbrief des Bischofs Gargitter - eigentlich ein rechtes Pamphlet gegen die Sozialdemokratie - wurde der "Arbeitskreis für Sozialen Fortschritt" systematisch ausgegrenzt und 1966 Jenny wegen Disziplinlosigkeit aus der SVP ausgeschlossen. Trotzdem gelang es der neugegründeten Sozialen Fortschrittspartei Südtirols, durch harte Arbeit allmählich eine organisatorische Basis in vielen Teilen des Landes aufzubauen. Hier sprechen die Zahlen für sich: Bei den Parlamentswahlen des Frühjahrs 1968 gaben 5.533 Südtirolerinnen und Südtiroler der SFP ihre Stimme, bei den Gemeinderatswahlen des Jahres 1969 trat die SFP in 17 Gemeinden an und erreichte 24 Gemeinderatssitze. Das bewies, daß diese politische Bewegung längst über die Person Jennys hinausgewachsen war. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, gründete die SVP-Führung unter Magnago eine eigene Richtung. Es sollte eine hauseigene, zahme, kastrierte Ersatz-Sozialdemokratie werden. Dazu wurden einige SVP-Mandatare als Führungskräfte eingesetzt, man gab ihnen einflußreiche Posten in der Verwaltung und reichlich finanzielle Mittel, um von oben herab das nötige Fußvolk zu organisieren. Ihr Hauptziel war die systematische Demontage der organisierten Sozialdemokratie. Ihr Motto lautete: Wir allein haben als Teil der Landesregierung die Mittel und Möglichkeiten, soziale Maßnahmen zu setzen. Daraus wurde eine harte und aggressive Auseinandersetzung, die von den Vertretern der Arbeitnehmer besonders in den Dörfern mit brutaler Härte und Hinterfotzigkeit betrieben wurde. Ich habe einmal den L.Abg. Erich Achmüller, einen der Vertreter dieser Richtung und gleichzeitig Kollege im Landtag, darauf angesprochen und ihn gefragt, wie er dies mit seiner christlichen und sozialen Grundeinstellung vereinbaren könne. Er ist mir die Antwort schuldig geblieben.
Heute ist erwiesen, daß die "Arbeitnehmer in der SVP" als Instrument der konservativ-klerikalen SVP-Führung entscheidend dazu beigetragen haben, daß sich in Südtirol bisher keine eigenständige, starke sozialdemokratische Partei durchsetzen konnte. Das geschieht mit einer geschickten Taktik, die bis heute bestens funktioniert. Die Führung der SVP, in der die Konservativen das Heft in der Hand haben, braucht die Renommierroten, als Beweis für ihren "linken Flügel" und als Bestätigung der Sammelpartei. Dafür sind diese Ersatz-Sozialdemokraten äußerst pflegeleicht: Sie haben keine einheitliche politische Ausrichtung und Zielsetzung, auch keine eigene schlagkräftige Organisation. Es geht ihnen nicht um die Durchsetzung politischer Leitlinien, sondern um die Eroberung gewisser Machtpositionen und um die Erfüllung finanzieller Ansprüche. Sehr oft stellen die angeblichen Klassenkämpfer Forderungen an die Parteiführung, die weit über ihre tatsächliche Repräsentativität und Stärke hinausgehen. Das führt dann zu Konflikten, die relativ leicht zu lösen sind, weil es nur zu einem Postenschacher kommt, den die SVP durch ihre numerische Übermacht leicht befriedigen kann. Die früher manchmal von einigen Vertretern der Arbeitnehmer ausgesprochene Drohung des Parteiaustrittes und Gründung einer eigenen Organisation wird mittlerweile von niemandem mehr ernst genommen. Wer sich dabei verschätzt, wird abgeschrieben und kann nicht einmal mit dem Mitgefühl und der Solidarität der an den Fleischtöpfen der Regierung verbliebenen "Genossen" rechnen.
Egmont Jenny

Südtirol-spezifische Demokratie

Leserbrief
von Hubert von Wenzl

Südtirol-spezifische Demokratie

In Südtirol scheint die demokratische politische Kultur noch immer nicht so weit gediehen zu sein, dass es nicht als selbstverständlich gesehen wird, neben einer allmächtigen "Mutterpartei" noch andere (deutsche) Oppositionsparteien zu haben. Die MP nimmt für sich in Anspruch, allumfassend und im Alleinvertretungsanspruch für alle Südtiroler zu sprechen und zu handeln. Diese so genannte Sammelpartei umfasst eben alle, vom Unternehmer bis zum Arbeiter, und die darin immanenten Widersprüche und Interessenskonflikte werden scheinbar wie von Wunderhand einfach "weggebügelt" (wobei von den "Arbeitnehmern" keine großen Schwierigkeiten und Widerstände geleistet werden). Deshalb wird es geradezu als "Freiheitsanmaßung" angesehen, wenn Leute glauben, dass es auch noch andere Südtiroler Parteien in unserem Land geben soll. Die MP gibt sich gerne als konstruktiv und für alle Schichten das Beste wollend aus. Ob das überhaupt möglich sein kann, ist eine andere Frage. Eine Partei ist eben nun mal eine Interessensvertretung. Der Opposition wird der destruktive Part zugeschoben und unterstellt. Sie schimpft nur, ist immer dagegen, setzt womöglich durch "Experimente" den wirtschaftlichen Wohlstand aufs Spiel und bringt Unruhe und Unfrieden in das friedliche und genügsame Volk. Außerdem gefährdet sie den Fortbestand unserer Minderheit. Dass solche Leute mit ihrem oppositionellen Verhalten ihrer Karriere selbst im Wege stehen, haben sie sich dann selbst zuzuschreiben. So ist es eben nicht möglich, wie in der MP die Karriere "hinaufzufallen". Deshalb verdient sie auch nichts anderes als verfemt und angefeindet, ausgegrenzt und wenn es sein muss, auch lächerlich gemacht zu werden.
Wer das Pro und "Contra" (welches es mangels Redemöglichkeit der Contra-Seite de facto nicht gab) vom 25.10.05 im Fernsehen sah, konnte miterleben, welchen Respekt hohe Exponenten dieser MP vor anderen Meinungen haben. Die Contra-Seite kam durch den Redeschwall des T. Widmann gar nicht zu Wort oder es wurde ihr gleich abgeschnitten. Dass der Moderator es scheinbar nicht wagte, dazwischen zu gehen und für Chancengleichheit zu sorgen, passt wunderbar in dieses System. Dass der Zuschauer so nicht mitbekam, welche Argumente die Gegner dieses "Motorsportzentrums" haben, war eben Demokratie und "Meinungsaustausch" auf südtirolerisch. Dass solches Verhalten in Südtirol nun nicht mehr stillschweigend hingenommen wird, zeigt eine wahre Lawine von Leserbriefen in den Dolomiten vom 03.11.2005.

Ich möchte hier einen kleinen Auszug aus der FF vom November 2004 bringen, wo es hieß: "Causa Heiss. Innsbrucker Professor Michael Gehler zeigt dem System Südtirol die rote Karte. Einzigartig in ganz Europa, trage es inzwischen Züge repressiver Regimes. Vor 15 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen, wenig später zerbröselte der Ostblock, der Kalte Krieg gehört seitdem der Vergangenheit an. Nicht so in Südtirol, findet Gehler (Historiker und Zeitgeschichtler): Der Kalte Krieg des Gesinnungszwangs unter Ausschaltung alternativen und anderen Denkens scheint hier - wie die Causa Heiss zeigt - offenbar noch Wirklichkeit zu sein. Schuld daran sei eine europaweit einzigartige "Einparteienhyperdominanz".

Deshalb sollte die MP nicht gar so wehleidig tun, wenn die Opposition sich "erdreistet", gegen die weisen Beschlüsse der MP zu stimmen. Die MP geht in den meisten Fällen gar nicht auf die Argumentation der Opposition ein und setzt kraft ihrer "Stärke" ihre Vorhaben (die sowieso dann für alle gut sind) durch.

Hubert von Wenzl, Bruneck (erschienen in „Südtiroler Nachrichten“, Nr. 5, Sep./Okt. 2005)

Samstag, 16. Juni 2007

Das Lächeln der Macht - von Historiker Michael Gehler

Causa Heiss. Innsbrucker Professor Michael Gehler zeigt dem System Südtirol die rote Karte.
Einzigartig in ganz Europa, trage es inzwischen Züge repressiver Regimes.

Zu viel Zeitgeschichte tut nicht gut. Mit dieser Auffassung steht Robert Kaserer, ehemaliger SVP-Landtagsabgeordneter, nicht allein da, als er sich am Freitag vergangener Woche an Michael Gehler wendet: In der Sache sei er zwar mit seiner Kritik einverstanden, "aber in dieser Tonart, wie Sie das gebracht haben, finde ich das deplatziert". Was war geschehen? Gehler, Professor am Innsbrucker Institut für Zeitgeschichte, referierte beim Tag der Zeitgeschichte im Konferenzsaal der Gemeinde Bozen über Südtirol in der italienisch-österreichischen Diplomatie. Seinen Beitrag beginnt er mit der Aktion "Rote Karte". Er zeige sie "den zuständigen Herren und Gremien dieses Landes", die für den Rauswurf seines Kollegen Hans Heiss aus dem Verwaltungsrat des Landesmuseums Schloss Tirol und aus dem Fachbeirat des Touriseums auf Schloss Trauttmansdorff (siehe ff 36/04) verantwortlich sind. In diesen Räten hat Heiss, einer der angesehensten Historiker des Landes und habilitierter Experte für Tourismusgeschichte, gegen ein geringes Sitzungsgeld bis Frühjahr beziehungsweise Sommer dieses Jahres gewirkt. Nachdem er jedoch seit einem Jahr für die Grünen im Landtag sitzt wo er die SVP immer wieder ärgert, zogen Landeshauptmann Luis Durnwalder und Museumschef Bruno Hosp den Schlussstrich. Begründung: In Fachbeiräten sollten keine aktiven Politiker sitzen. Warum Heiss nicht mehr dem Verwaltungsrat von Schloss Tirol angehört, weiß er bis heute nicht. Offiziell ist ihm nichts mitgeteilt worden.

Gegen den Baum.

"Historiker haben zu solchen Vorgängen nicht zu schweigen", findet Michael Gehler. In seinen Augen ist das Passierte Ausdruck einer politischen Unkultur, die "einer Typologie autoritärer und repressiver Regimes" zuzuordnen sei. Allerdings lässt er Reinhold Messners Vergleich mit der DDR nicht gelten. "Südtirol war und ist nicht von einem eisernen Vorhang umgeben", sagt Gehler, "man konnte und kann gehen. Was nicht wenige kluge Köpfe auch taten und tun. Zu fragen wäre, warum. Es gab und gibt auch keine Trabis und Wartburgs, sondern Fiat, Alfa Romeo, VW und Mercedes, mit denen man auch über den Brenner und durch die Salurner Klause fahren kann. Aber auch in Südtirol kann man an einen Baum fahren oder aus der Kurve fliegen. Und sonst, im Unterschied zur DDR, konnte man hier auch Südfrüchte aller Art genießen. Bananen machen aber noch keine Republik." Vor 15 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen, wenig später zerbröselte der Ostblock, der Kalte Krieg gehört seitdem der Vergangenheit an. Nicht so in Südtirol, findet Gehler: "Der Kalte Krieg des Gesinnungszwangs unter Ausschaltung alternativen und anderen Denkens scheint hier - wie die Causa Heiss zeigt - offenbar noch Wirklichkeit zu sein." Schuld daran sei eine europaweit einzigartige "Einparteienhyperdominanz".

Parteigänger.

Tatsächlich scheint das "System", wie es der Innsbrucker Zeitgeschichtler definiert, System zu haben. Schaut man sich die Gremien und Beiräte jener Gesellschaften an, in denen die Landesregierung ein Wörtchen mitzureden hat, wimmelt es nur so von Parteigängern. So sitzt beispielsweise Heinrich Holzer im Verwaltungsrat der Brennerautobahn AG. Er ist Durnwalders Ressortchef und Vizebürgermeister von Mühlwald. Weitere SVP-Verwaltungsräte sind Franz Spögler, Karl Oberhauser (Sadobre), Manfred König, Christoph Engl (Meraner Thermen), Dieter Schramm (Südtiroler Transportstrukturen AG), Alois Kofler (BrennerCom), Karl Ferrari, Klaus Stocker, Konrad Pfitscher, Christoph Perathoner (Sel), Reinhold Marsoner und Dieter Steger (Südtirol Marketing). Der Pusterer SVP-Obmann Franz Pircher sitzt gar im Aufsichtsrat der Eco- Center AG und im Verwaltungsrat der regionalen Investitionsbank Mediocredito. Luis Durnwalder selbst ist Präsident des Verwaltungsrates von Schloss Tirol; sein persönlicher Referent Heinrich Huber übte dasselbe Amt im ladinischen Museum auf Schloss Thurn aus und nimmt jetzt an den Sitzungen des Fachbeirates teil. Michael Gehler fordert daher dazu auf, "diese im stillen Kämmerlein getroffenen Entscheidungen rückgängig zu machen" und Hans Heiss wieder in die Räte von Schloss Tirol und Touriseum zu integrieren. Wenig Freude mit der roten Karte für die Mächtigen hat Josef Nössing. "Diese Aktion ist ohne meinen Willen geschehen und wäre nur mit Gewalt zu unterbinden gewesen", sagt der Chef des Landesarchivs (Heiss ehemaliger Vorgesetzter) und Organisator der Tagung zugeknöpft. "Aber das haben wir nicht getan. Mehr sage ich dazu nicht." Einen zaghaften Versuch für die Rehabilitation von Heiss hat auch Kulturlandesrätin Sabina Kasslatter-Mur gestartet. Doch als sie das Thema vor einigen Wochen bei der Sitzung der Landesregierung angesprochen hat, erhielt sie als Antwort einzig das Durnwalder-typische Lächeln.

Karl Hinterwaldner

(erschienen in der "FF" - Südtiroler Illustrierte
ca. Oktober/November 2007)

Donnerstag, 14. Juni 2007

Kaiser Konstantin - DESCHNER VORWORT ZU KRITISCHEM KONSTANTIN-BUCH

Kaiser Konstantin - DESCHNER VORWORT ZU KRITISCHEM KONSTANTIN-BUCH



Link: http://hpd-online.de/node/2110



Kleiner Auszug:



... Verbrennung sieht der große christliche Herrscher auch für Juden vor, die er - so in einem Brief nach dem Konzil von Nicaea an alle Kirchen - „durch gottloses Verbrechen befleckt", „mit Blindheit des Geistes geschlagen", „von Sinnen gekommen" schimpft, weshalb ihnen auch gleich sein erstes judenfeindliches Gesetz aus dem Jahr 315 mit Verbrennung droht. Den Feuertod setzt Konstantin auf die Konversion eines Heiden zum Judentum, Feuertod auf jede jüdische Gemeinde, die einen bekehrten Heiden aufnimmt, Feuertod auf jeden, der den Übertritt eines Juden zum Christentum verhindert. Die Juden sind eben für den Kaiser ein „verhasstes Volk", dem er „angeborenen Wahnsinn" bescheinigt.
Doch schließlich war Konstantin, wie uns der protestantische Theologe Kurt Aland versichert, „Christ, und zwar Christ dem Herzen, nicht nur der äußeren Handlung nach." Und dachte nicht noch in viel jüngeren Jahrhunderten so mancher über die Juden wie Konstantin „der Große"? Und was seine grandiosen Schlachtentriumphe betrifft, beteuert der katholische Theologe Peter Stockmeier (und er und Aland sind alles andere als Einzelfälle) noch nach dem Zweiten Weltkrieg: „Diesem großen Vorbild nachzueifern bemühte sich jeder christliche Kaiser, beliebig ließ sich auch darauf verweisen, um ein Ideal (!) vor die Augen der Fürsten zu stellen."Jawohl. Und ganz danach sieht unsere Geschichte aus! Also stelle man jetzt stolzgeschwellt - denn Scham ist wahrlich nicht erst im 21. Jahrhundert ein unbekanntes Gefühl - jene „1400 Exponate" fein säuberlich dazu.


Und herzlichen Glückwunsch!
Karlheinz Deschner
Mai 2007

Dienstag, 12. Juni 2007

Religionskritik

Religion als Halt und Trost?

Zu den naiv Glaubenden, für die die Religion Halt, Schutz und Trost ist, sagt Richard Dawkins, er wolle ihnen diesen Halt nicht nehmen. Zu diesem Argument war im Spiegel 22/2007, zum Artikel „der Kreuzzug der Gottlosen“, S. 58 folgendes angeführt: „Doch was ist mit all den ebenso harmlosen wie anrührenden Formen real existierender Frömmigkeit, mit Seelentrost und Tradition? Was ist mit dem Kinderglauben, dass Oma und Opa und der Goldhamster, vom Himmel auf uns niederschauen? …den anrührenden Karfreitags­prozessionen in Sizilien?" Dawkins braucht über diese Frage nicht lange nachzudenken: „Ich würde auch einem Kind nicht seinen Schnuller wegnehmen. Aber es ist ein infantiles Verhalten.“

Freitag, 8. Juni 2007

Des Kaisers neuer Tunnel - ein Märchen

Des Kaisers neuer Tunnel - ein Märchen
(von Brigitte Comploj)



Es war einmal ein Kaiser, der ganz wild darauf war, mit den 7 Zwergen 2 große Löcher unter den 7 Bergen zu bohren, vorbei an den 7 Meeren. Ein Loch zum Hineinfahren und ein Loch zum Wieder-Hinausfahren. Es sollte ein Riesentunnel werden, das 8. Weltwunder sozusagen, ein Megaprojekt, kurz, ein megageiles Bauwerk. Dass die bisherigen 7 Weltwunder ohne sein und der 7 Zwerge Zutun entstanden waren, hatte ihn nämlich schon lange mächtig gewurmt. Aber jetzt sah er die einmalige Chance gekommen, mit diesen 2 Löchern unter den Bergen unter seinem Namen in die Weltgeschichte, in das Buch der Rekorde und auch in alle Enzyklopädien einzugehen, für immer, versteht sich.
Und wozu gab es schließlich die Geldesel, die ein mächtiger Verein, EU genannt, fleißig fütterte, auf dass die güldenen Dukaten aus deren adipösen Hintern unaufhaltsam den Weg in die vielen stets flehentlich ausgestreckten Hände der Subventions-Hoffenden nehmen konnten – und sei es auch nur für 2 Löcher.
Der Kaiser und seine willfährigen Adlaten waren ob dieser Löcher-Idee so hin und weg, ja, geradezu verzückt, dass sie im Eifer des Gefechts vergaßen, die Untertanen, das gemeine Volk zu befragen.
Außerdem waren sie fest davon überzeugt, nur sie allein hätten die Klugheit mit Löffeln gegessen und das gäbe ihnen die Macht und die Herrlichkeit – in Ewigkeit, Amen!
Aber weit gefehlt! Inzwischen grummelte das besagte Volk heftig, es war nicht mehr so dumm, wie der Kaiser und seine Hofschranzen meinten. D i e Zeiten waren inzwischen vorbei, nur gemerkt hatte es der Kaiser noch nicht. Mit dem Kampfruf „Diktatur war gestern, Demokratie ist heute!“, stürzte sich sein aufmüpfiges Volk ins Protest-Getümmel, die 2 Löcher betreffend.
Dem Kaiser und seinem Hofstaat blieb vor Erstaunen die Spucke weg und sie schnappten nach Luft. „Da hilft nur eins“, sagte der Kaiser daraufhin, „gehet in alle Städte und Kuhdörfer mit meinen Hofnarren, Märchenerzählern und Sterndeutern, auf dass diese das Volk in Tag- und wenn es sein muß – auch in Nachtschichten fleißig zum Narren halten, ihnen Märchen über diese 2 Löcher erzählen und ihnen eine rosige Tunnel-Zukunft voraussagen.
Während nun Hofnarren, Märchenerzähler und Sterndeuter taten, wie ihnen befohlen ward, buddelten die 7 Zwerge unter den 7 Bergen, vorbei an den 7 Meeren, unermüdlich im kaiserlichen Auftrag und in der Hoffnung auf weitere gute Verdauung der EU-Geldesel, an besagten Löchern, nicht ohne sich vorher, mit albernen Sandschäufelchen, Sandeimerchen und geschmückt mit putzigen gelben Plastikhelmchen werbewirksam fotografieren zu lassen nach dem Motto: „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt!“
Über 25 Jahre danach schaufelten die 7 Zwerge immer noch. Wasserquellen waren versiegt, Staub (ein Wüstensandsturm war nichts dagegen) und Lärm allenthalben, das Land glich einer Mondlandschaft. Touristen hatten schon längst panikartig die Flucht ergriffen und die Noch-Ahnungslosen legten beim Anblick dieser Wüstenei schleunigst den Rückwärtsgang ein. Die paar Einheimischen, die Atemnot, Allergien, Herz- und Kreislaufkrankheiten, Bronchial- und Lungenkrebs noch nicht total umgehauen hatten, liefen nur noch mit Mundschutz und Lärmschutzapparaten orientierungslos in der Gegend umher, ringsum nur noch Tristesse und Ödnis.
Aber dem Kaiser überbrachten die reitenden Boten all die Jahre nur die tröstliche Nachricht: „Euer Majetstät, alles paletti, die Buddelei läuft wie geschmiert“. Und der Herrscher glaubte ihnen. Doch, als diese eines Tages, im fernen 30. Baujahr, ihm von der unmittelbar bevorstehenden Vollendung des 8. Weltwunders vorschwärmten, machte sich der Kaiser, ganz happy von der frohen Kunde, eines Tages samt seinem Hofstaat selbst auf die Socken, um endlich seines Triumphes ob dieses epochalen Bauwerkes teilhaftig zu werden. Auch die kaiserliche Küchenbrigade war dabei, hatte man doch zu diesem Anlaß ein opulentes Picknick vor den 2 Löchern geplant, mit Vorspeise, Hauptspeise und Nachspeise natürlich. Sozusagen ein „Arbeitsessen“.
Ein sorgsam ausgewähltes (nach der inoffiziellen Terroristenkartei des kaiserlichen Geheimdienstes) Volk – daher war es nur spärlich vorhanden – schwenkte kaiserliche Fähnchen, auf denen man so etwas wie einen gerupften Gigger erkennen konnte. Der Kaiser schritt würdevoll die Ehrenformation ab, nur die Schützen fehlten, denn die waren schon von Anfang an gegen diese 2 Löcher gewesen.
Dann klatschte der kaiserliche Zeremonienmeister Eugen Barro(so)(van)Miert (!) gebieterisch in die Hände und ab ging’s zur Inspektion in das 1. Loch: Dort empfingen den Kaiser die Ingenieure, die Geometer und die Techniker, zeigten beflissen um sich, vor sich, neben sich, hinter sich und sagten zum Kaiser: „Euer Majestät! Sehen Sie nur dieses elegante lärmschutzsichere Schienennetz, die klimahaustechnische Verkleidung der Tunnelwände, die energiesparenden Deckenbeleuchtungen und die biogasbetriebene Kühlung, Erwärmung und Entlüftung. Ist das hier nicht alles prächtig?“ Aber die Hofschranzen, das wenige Volk, der Kaiser, sahen von all dem Gepriesenen nichts als nur ein finsteres Loch. Der Kaiser dachte entsetzt: „Ist das möglich? Ich sehe ja gar nichts von dem, das mir diese Ingenieure usw. so anpreisen. Das ist schrecklich, bin ich etwa blind oder so dumm?“
Da er aber beides nicht sein wollte, sagte er zu den Tunnelbauern: „Aber ja, das ist alles ausgezeichnet, es ist vortrefflich, es hat meinen höchsten Beifall. Es ist sehr schön, es hat mich sehr gefreut“. Daraufhin plapperte auch sein Gefolge dieses Lob des Kaisers nach, da auch es sich nicht wegen einer eventuellen Blindheit oder gar Dummheit blamieren wollte. Da sah der eine dies, der andere sah plötzlich jenes und tat es mit begeisterten Zurufen kund.
Eine Welle der Zustimmung und Begeisterung durchströmte das 1. Loch. Dennoch: Es war nichts zu sehen, rein gar nichts, nicht die Bohne. Es war nichts da von dem so hoch gelobten Inventar. Es gab nur dieses finstere staubige Loch, an denen nun schon an die 30 Jahre gebuddelt, gebohrt und gebaggert worden war. Und das 2. Loch, das für das Hinausfahren, das gab es noch immer nicht.
Aber plötzlich, als der Kaiser und die anderen noch immer so taten, als hätte man ihnen den Eingang zum Paradies gezeigt, rieselten im 1. Loch Sand und Erde, zuerst kaum bemerkbar, dann in immer schnellerem Tempo und in immer größeren Mengen, es gab nun auch bereits kleinere Felsbrocken darunter, von oben herab. Dem Zeremonienmeister des Herrschers schwante auf einmal Schlimmes. Er schrie: „Raus hier, raus, dalli, dalli!“ Und jeder, der Kaiser vorneweg, spurtete nach draußen, dorthin, wo es hell war.
Schon stürzte hinter ihnen mit Riesengetöse- und gerumple und in eine mächtige Staubwolke gehüllt, das geplante 8. Weltwunder, das kaiserliche Jahrhundertwerk, wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Die Feuerwehr verschickte Kaiser samt Hofstaat sowie die Ingenieure, Geometer und Techniker schleunigst dorthin, wo bekanntlich der Pfeffer wächst, sie wurden nie mehr gesehen, aber es vermisste sie auch keiner. Tiefes Schweigen senkte sich fortan auf diese Wüstenei.
Die Geldesel der EU hatten inzwischen nach dieser Katastrophe das Zeitliche gesegnet, nachdem sie vorher plötzlich an starker Verstopfung gelitten hatten. Nur ein Küchenschaberich, der während der kaiserlichen Inspektion im 1. Loch ahnungsvoll unter die Haube des Küchenmeisters geflüchtet war, die dieser auf der Flucht verloren hatte, krabbelte auf der Suche nach einer smarten Küchenschabe einsam und verlassen auf diesem geschichtsträchtigen Sand-, Erd- und Steinhaufen umher. Das war nur noch die einzige Bewegung dort, sonst bewegte sich nichts mehr. Gott sei Dank!

Brigitte Comploj
08.06.2007

Donnerstag, 3. Mai 2007

Medienlandschaft in Südtirol

Die Medienlandschaft in Südtirol ist durch einen hyperdominanten Medienkoloss, namens Athesia geprägt. Für andere Zeitschriften ist es durch diese Übermacht schwer, sich in diesem kleinen Land zu behaupten. Die "alternativen" Zeitschriften und Magazine zeichnen sich nicht gerade durch großen Mut aus und sind eher angepasst. Von einer Meinungsvielfalt ist die Südtiroler Medienlandschaft deshalb noch weit entfernt. Der maßgebende Medienverlag Athesia mit der Tageszeitung Dolomiten ist streng konservativ und klerikal ausgerichtet. Dies ist auch nicht verwunderlich, wenn man weiß, dass ein beachtlicher Aktienanteil der Athesia in Händen des Klerus ist. Die Tageszeitung Dolomiten (Tagblatt der Südtiroler) und andere Zeitschriftren des Verlagshauses Athesia (ehemals Tirolia) wurden maßgeblich auch durch den Geistlichen Kanonikus Michael Gamper (1885 - 1956) geprägt. Es erstaunt daher auch nicht, dass kirchenkritische Artikel nicht vorkommen und solche Leserbriefe nicht veröffentlicht werden. Demokratie und Pressefreiheit leiden darunter. Ein Abonnement solcher Zeitungen kommt für mich daher zur Zeit, unter diesen Umständen nicht in Frage.