Russlands Verwundbarkeit für die EU-US-Sanktionen und das militärische Vordringen
Einleitung
Der US/EU gesponserte Coup in der Ukraine und ihre Verwandlung von einem
stabilen russischen Handelspartner in einen verwüsteten EU-Partner und
NATO- Raketen-Abschussrampe sowie die folgenden ökonomischen Sanktionen
gegen Russland, weil es die russische ethnische Majorität im Donbas und
der Krim unterstützte, illustrieren die Verwundbarkeit der russischen
Ökonomie und des Staates. Die gegenwärtige Anstrengung, Russlands
nationale Sicherheit und ökonomische Lebensfähigkeit angesichts dieser
Herausforderungen zu erhöhen, erfordert eine kritische Analyse der
Politik und Strukturen, die in der post-Sowjet- Ära auftraten.
Plünderung als Privatisierung
Im vergangenen Viertel Jahrhundert wurden mehrere Billionen Dollar an
öffentlichem Eigentum in jedem Sektor der russischen Ökonomie illegal
übertragen oder gewaltsam von Gangster-Oligarchen an sich gerissen, die
vermittels bewaffneter Gangs agierten, insbesondere beim 'Übergang zum
Kapitalismus'.
Von 1990 bis 1999 starben über 6 Millionen russische Bürger vorzeitig
als Ergebnis des katastrophalen Kollapses der Ökonomie; die
Lebenserwartung für Männer sank von 67 Jahren in der Sowjetära auf 55
Jahre in der Jetsin-Periode. Russlands BNP sank um 60 Prozent -
historisch einmalig für ein Land, das sich nicht im Krieg befindet. Nach
Jetsins gewaltsamer Machtergreifung und seiner Bombardierung des
russischen Parlamentes ging das Regime daran, die Privatisierung der
Ökonomie zu 'prioritieren', den Verkauf der Energie, Naturresourcen,
Banken, Transport- und Kommunikation-Sektoren zu einem Zehntel oder
weniger ihres wirklichen Wertes an Kumpane und ausländische Instanzen.
Bewaffnete Gauner, organisiert von den aufstrebenden Oligarchen
"vollendeten" das Programm der Privatisierung durch Angriffe, Mord und
Bedrohung von Rivalen.
Hunderttausende ältere Pensionäre wurden aus ihren Wohnungen und Häusern
geworfen durch böswilligen Landraub von gewalttätige
Grundstück-Spekulanten. US und europäische akademische Finanzberater
"berieten" rivalisierende Oligarchen und Regierungsminister über die
"effizientesten" Markttechniken zur Plünderung der Ökonomie, wobei sie
lukrative Gebühren und Kommissionen abschöpften - von Leuten mit guten
Verbindungen wurden Vermögen gemacht.
Unterdessen kollabierte der Lebensstandard, verarmten zwei Drittel der
russischen Haushalte, die Selbstmorde stiegen um das Vierfache und Tote
durch Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, AIDS und Geschlechtskrankheiten
waren an der Tagesordnung. Syphilis und Tuberkulose erreichten
epidemische Proportionen - Krankheiten, die in der Sowjetära unter
voller Kontrolle waren, traten mit der Schließung von Kliniken und
Krankenhäuser wieder auf.
Natürlich feierten die westlichen respektablen Medien die Plünderung
Russlands als Übergang zu "freien Wahlen und eine freie Markwirtschaft".
Sie schrieben glühende Artikel, die die politische Macht und
Vorherrschaft der Gangster-Oligarchen als Widerspiegelung einer
aufstrebenden "liberalen Demokratie" beschrieben. Der russische Staat
wurde so aus einer globalen Supermacht in ein elendes Marionetten-Regime
verwandelt, durchdrungen von westlichen Geheimdiensten und unfähig,
seine Verträge und Abkommen mit westlichen Mächten zu handhaben und
durchzusetzen. Die USA und die EU ersetzten sehr schnell den russischen
Einfluss in Osteuropa und schnappten sich blitzartig ehemalige
staatseigene Industrien, die Massenmedien und Finanzinstitutionen.
Kommunistische und linke und sogar nationalistische Beamte wurden
entfernt und durch gefügige und dienerische 'freie-Marktwirtschaft'
pro-NATO-Politiker ersetzt. Die USA und die EU verletzten jedes einzelne
Abkommen, das von Gorbatschow und dem Westen unterzeichnet worden war:
osteuropäische Regime wurden NATO- Mitglieder; Westdeutschland
annektierte den Osten und Militärbasen wurden bis an Russlands Grenzen
ausgedehnt. Pro-NATO "Gedankenschmieden" wurden eingerichtet und
lieferten Informationen und anti-russische Propaganda.
Hunderte NGOs,
finanziert von den USA, operierten innerhalb Russlands als Propaganda-
und Organisations-Instrumente für "unterwürfige" neo-liberale Politiker.
Im ehemaligen sowjetischen Kaukasus und Fernen Osten wurden vom Westen
separatische sektiererische Bewegungen und bewaffnete Aufstände
entfacht, besonders in Tschetschenien; die USA sponserten Diktatoren im
Kaukasus und korrupte neo- liberale Marionetten in Georgien. Der
russische Staat war kolonisiert und sein angeblicher Herrscher, Boris
Jeltsin, oft in betrunkener Stumpfheit, wurde gepuscht und manipuliert,
um exekutive Genehmigungen zu erteilen ... und den Staat und die
Gesellschaft noch mehr zu zerfleddern.
Die Jeltsin-Dekade wird vom russischen Volk als eine
Katastrophe gesehen und erinnert und von den US-EU, den russischen
Oligarchen und ihren Anhängern als ein 'Goldenes Zeitalter' ... der
Plünderung. Für die riesige Mehrheit der Russen war es ein Dunkles
Zeitalter, als die russische Wissenschaft und Kultur verheert wurden;
Wissenschaftler, Künstler und Ingenieure der Weltklasse darbten an
Hungerlöhnen und wurden zur Verzweiflung getrieben, zur Flucht und
Armut. Für die USA, die EU und die Oligarchen war es die Ära für
"schnelles Geld": ökonomische, kulturelle und intellektuelle Plünderung,
Milliarden Dollar Vermögen, politische Straflosigkeit, ungezügelte
Kriminalität und Unterwerfung unter westliche Diktate. Abkommen mit dem
russischen Staat wurden gebrochen, bevor noch die Tinte trocken war.
Es war die Ära der unipolaren US-zentrierten Welt, der 'Neuen
Weltordnung', in der Washington nationalistische Gegner und russische
Alliierte straflos beeinflussen und invadieren konnte.
Die Goldene Ära unangefochtener Weltherrschaft wurde der westliche
'Standard' für die Beurteilung Russlands nach Jetsin. Jede heimische und
internationale politische Maßnahme, die von Putin in den Jahren 2000 -
2014 ergriffen wurde, ist von Washington danach beurteilt worden, ob sie
mit der Jeltsin-Dekade hemmungsloser Plünderung und Manipulation
übereinstimmte oder abwich.
Die Putin-Ära: Staat und ökonomischer Wiederaufbau und EU/US-Feindseligkeit
Präsident Putins erste und wichtigste Aufgabe war, Russlands Absturz in
das Nichts aufzuhalten. Mit der Zeit erholte sich der Staat und die
Ökonomie begann Ordnung und Legalität zu ähneln. Sie erholte sich und
wuchs; Arbeit, Löhne, Lebensstandard und die Sterblichkeitsrate wurden
besser. Handel, Investitionen und finanzielle Transaktionen mit dem
Westen wurden normalisiert - reine Plünderung wurde strafrechtlich
verfolgt.
Russlands Erholung wurde vom Westen mit Misstrauen beobachtet: Viele
richtige Geschäftsleute und Multis hießen die Wiederherstellung von
Recht und Ordnung und das Ende des Gangstertums willkommen; hingegen
verurteilten die Politmacher in Washington und Brüssel und auch die
Geier-Kapitalisten der Wallstreet und City von London schnell das, was
sie als Putins 'zunehmenden Autoritarismus' und 'Etatismus'
bezeichneten, als russische Behörden begannen, Oligarchen wegen
Hinterziehung von Steuern und umfassender Geldwäscherei, Korrumpierung
von Staatsbeamten und sogar Mord zu untersuchen.
Putins Aufstieg zur Macht fiel mit dem weltweiten Rohstoff-Boom
zusammen. Der spektakuläre Anstieg der Preise für russisches Öl und Gas
und Metalle (2003 -2013) erlaubte der russischen Industrie, in großem
Tempo zu wachsen, wobei der russische Staat die Regulierung der Ökonomie
verstärkte und seine Armee wiederherstellte. Putins Erfolg bei der
Beendigung der unverschämtesten Formen der Plünderung der russischen
Ökonomie und der Rückgewinnung der russischen Souveränität machte ihn
bei der Wählerschaft beliebt: er wurde mehrmals mit robuster Majorität
wiedergewählt.
Als Russland sich von der satellitenhaften Politik, dem Personal und den
Praktiken der Jetsin-Jahre distanzierte, starteten die USA und die EU
eine vielseitige politische Strategie zur Unterminierung von Präsident
Putin und Wiedereinsetzung von gefügigen Jetsin-ähnlichen neo-liberalen
Clowns. Russische NGOs, von US-Stiftungen finanziert, die als
CIA-Fronten dienten, organisierten Massenproteste gegen gewählte Beamte.
West-gestützte ultra-liberale politische Parteien wetteiferten
erfolglos um nationale und örtliche Ämter. Das US-finanzierte Carnegie
Center, eine berüchtigte Propaganda-Schleuder, spuckte giftige Traktate
aus, die Putins dämonische 'autoritäre' Politik, seine 'Verfolgung' von
andersdenkenden Oligarchen und seine 'Rückkehr' zu einer
'Kommando-Ökonomie sowjetischen Stils' beschrieben.
Während der Westen versuchte, das 'Goldene Zeitalter der Plünderung'
wiederherzustellen via interner politischer Surrogate, verfolgte er eine
aggressive Außenpolitik, um russische Alliierte und Handelspartner zu
eliminieren, vor allem im Nahen Osten. Die USA invadierten den Irak,
ermordeten Saddam Hussein und die Führung der Baath-Partei, etablierten
ein sektiererisches Marionettenregime, wodurch einer von Moskaus
säkulär-nationalistischen Schlüsselalliierten beseitigt wurde. Die USA
verhängten Sanktionen über den Iran, ein großer lukrativer
Handelspartner Russlands. Die USA und die EU unterstützte umfangreiche
bewaffnete Aufstände, um Präsident Bashar al -Assad in Syrien zu
stürzen, ein weiterer russischer Alliierter, um Russland eines
freundlich gesinnten Hafens im Mittelmeer zu berauben. Die USA und die
EU bombardierten Libyen, einen großen Öl- und Handelspartner Russlands
(und Chinas) mit der Hoffnung, ein pro-westliches Regime einzusetzen.
Um Russland im Kaukasus und dem Schwarzen Meer in die Enge zu treiben,
invadierte das US-gestützte georgische Regime 2008 das russische
Protektorat Südossetien, wobei Mengen von russischen Friedenstruppen und
hunderte Zivilisten getötet wurden; das wurde aber durch einen wütenden
russischen Gegenangriff zurückgeschlagen.
2014 lief die westliche Offensive, jede Möglichkeit eines unabhängigen
russischen Staates zu isolieren, zu umzingeln und am Ende zu
unterminieren, zu höchster Form auf. Die US bezahlte den
zivil-militärischen Coup zum Sturz des gewählten Regimes von Präsident
Viktor Janukowitsch, der sich der EU-Annektion und NATO- Eingliederung
widersetzte. Die USA erzwang ein Marionetten-Regime, das zutiefst
feindlich gegenüber Russland und den ethnischen russisch-ukrainischen
Bürgern im Südosten und der Krim ist.
Russische Opposition gegen den Coup und Hilfe für die pro-demokratischen
Föderalisten im Südosten und der Krim dienten als Vorwand für westliche
Sanktionen in der Absicht Russlands Öl-, Banken- und Produktionssektor
zu unterminieren und so seine Ökonomie zu lähmen.
Die imperialen Strategen in Washington und Brüssel brachen alle früheren
Abkommen mit Putin und versuchten, Putins Oligarchen-Verbündete gegen
ihn aufzubringen durch die Drohung gegen deren Besitz im Westen
(besonders gewaschene Bankkonten und Eigentum). Russische
Staats-Ölgesellschaften, die Joint Ventures mit Chevron, Exxon und Total
hatten, wurden plötzlich vom westlichen Kapital-Markt ausgeschlossen.
Die kumulative Auswirkung dieser jahrzehntelangen West-Offensive, die in
der gegenwärtigen Welle ernsthafter Sanktionen gipfelte, sollte eine
Rezession in Russland provozieren, um die Währung zu unterminieren (der
Rubel fiel 2014 mit 23%), die Lebenshaltungskosten hochzutreiben und die
Konsumenten zu treffen. Russische Industrien, die von ausländischer
Ausrüstung und Ersatzteilen abhängig waren und Ölunternehmen, die von
importierter Technologie zur Ausbeutung arktischer Reserven abhingen,
sollten Pein leiden wegen 'Putins Unnachgiebigkeit'.
Trotz der kurzfristigen Erfolge des US-EU-Krieges gegen Russlands
Ökonomie blieb Putin extrem populär bei der russischen Wählerschaft mit
Beliebtheitsquoten von über 80 %. Dies hat Putins pro-westliche
Opposition in den Mülleimer der Geschichte geworfen. Nichtsdestoweniger
hat die West-Sanktionspolitik und die aggressive politische
NATO-militärische Einkreisung Russlands Anfälligkeit aufgezeigt.
Russlands Anfälligkeiten: Die Grenzen von Putins Wiederherstellung der russischen Souveränität
Nach der Plünderung durch den Westen und die russischen Oligarchen und
die brutale Zersetzung der Gesellschaft verfolgte Putin eine komplexe
Strategie.
Erstens versuchte er zwischen 'politischen' und 'Wirtschafts'-Oligarchen
zu unterscheiden. Zu letzteren gehörten jene, die bereit waren, mit der
Regierung beim Wiederaufbau der Ökonomie zu kooperieren und bereit
waren, ihre Aktivität auf die großzügigen Richtlinien von Putin zu
beschränken. Sie behielten ihre ökonomische Macht und Profite, aber
keine politische Macht, d. h. sie durften ihre zweifelhaft erworbenen
Geschäftsimperien behalten. Hingegen wurden jene Oligarchen, die nach
politischer Macht strebten und die Politiker aus der Jeltsin-Ära
finanzierten, auf's Korn genommen.
Einigen wurde ihr Besitz genommen und
andere wurden wegen Verbrechen vor Gericht gestellt - die von
Geldwäscherei bis Steuerhinterziehung, Schwindel und illegalen Transfer
von Geldern ins Ausland und bis zu Mord- Aufträgen gegen ihre Rivalen
reichten.
Das zweite Augenmerk von Putins anfänglicher politischen Strategie galt
der Vertiefung der Kooperation mit westlichen Staaten und Ökonomien,
aber auf Basis gegenseitigen statt einseitigen Markt-Austausches wie
unter Jeltsin. Putin suchte eine größere politisch-militärische
Integration mit den USA und der EU zu erreichen, um Russlands Grenzen
und Einflusssphären zu sichern.
Zu diesem Zweck öffnete er russische Militärbasen und Nachschublinien
für die US-EU-Armeen für ihre Invasion und Besatzung Afghanistans und
war nicht gegen die EU-US-Sanktionen gegen den Iran. Putin duldete die
US-Invasion und Besetzung des Irak, trotz Russlands langer ökonomischer
Verbindungen mit Baghdad. Er schloss sich den fünf Mächten an, die die
Palästina-Israel 'Friedens'-Gespräche 'überwachten' und duldete auch
Washingtons einseitige Hilfe für Israel. Er gab sogar grünes Licht für
die Bombardierung Libyens, weil er naiv annahm, es würde eine begrenzte
Angelegenheit sein - eine 'humanitäre' Intervention.
Das Ergebnis von Putins politischem und diplomatischem Einverständnis
mit der militärischen Expansion Washingtons und der NATO war der
Aufschwung des russischen Handels, Investitionen und Finanzen. Russische
Firmen nahmen Darlehen auf dem westlichen Kapitalmarkt auf;
ausländische Investoren zog es zum russischen Aktienmarkt und Multis
bildeten joint ventures. Große Öl- und Gasunternehmen blühten. Die
russische Ökonomie erholte sich und der Lebensstandard erreichte das
Niveau der Sowjetära. Konsumausgaben stiegen und die Arbeitslosigkeit
sank von zweistelliger auf eine einstellige Zahl. Gehälter und
ausstehende Löhne wurden gezahlt, Forschungszentren, Universitäten,
Schulen und Kultur-Institutionen begannen sich zu erholen.
Die dritte Komponente von Putins Strategie war die Staats-Erholung (die
Re- Nationalisierung) des strategischen Öl- und Gassektors. Durch
direkte Erwerbung oder Aufkauf, durch finanzielle Revisionen und
Konfiskation von Besitz der Gangster-Oligarchen war die staatliche
Übernahme von Öl und Gas erfolgreich. Diese re-nationalisierten Sektoren
bildeten joint ventures mit westlichen Ölgiganten und führten die
russischen Exporte in eine Periode von starker Energie-Nachfrage. Durch
den Anstieg der Ölpreise in der Putin-Dekade erlebte Russland ein
konsum-getriebenen Import-Boom - von landwirtschaftlichen Produkten bis
hin zu Luxus-Schmuck und -Autos ... Putin konsolidierte seine
Wähler-Unterstützung und vertiefte die 'Integration' mit dem westlichen
Markt.
Putins Expansion und Wachstums-Strategie war ausschließlich westwärts
gerichtet und nicht nach Osten Richtung Asien/China oder Südamerika
Mit diesem Fokus auf den Westen begann Putins taktischer Anfangs-Erfolg
Russlands strategische Verwundbarkeiten offenzulegen. Die ersten Zeichen
wurden durch die Westhilfe für die anti-Putin-Kampagne der korrupten
Oligarchen und die Medien-Dämonisierung von Russlands Justizsystem, das
die Gangster-Oligarchen wie Michael Khodorkovsky anklagte und
verurteilte, offenbar.
Das zweite Zeichen war die westliche finanzielle und politische Hilfe
für die Neo-Liberalen der Jeltsin-Ära, die gegen Putins Vereinigte
Russische Partei und ihre Kandidaten antraten ... Es wurde klar, dass
Putins Bemühen, die russische Souveränität wiederherzustellen mit den
West-Plänen kollidierte, Russland als Vassallenstaat zu behalten. Der
Westen spielte die ungehemmte Plünderung und Vorherrschaft der
Jeltsin-Ära gegen Putins Ära eines unabhängigen und dynamischen Russland
aus, indem er ständig den Präsidenten mit der Sowjeunion und dem KGB in
Verbindung brachte.
2010 ermunterte die USA ihre Marionette, Präsident Saakaschwili von
Georgien dazu, Russlands Protektorat in Südossetien zu invadieren
Das war das erste deutliche Anzeichen, dass Putins Gefälligkeit
gegenüber dem Westen kontra-produktiv war. Russlands Staatsgrenzen,
seine Alliierten und Einflusssphären wurden angegriffen. Die USA und die
EU verurteilten Russlands defensive Antwort, selbst nachdem Moskau
seine Truppen aus Georgien nach einer ordentlichen Tracht Prügel
zurückgezogen hatte.
Georgien war eine militärische Generalprobe; eine von mehreren geplanten
und finanzierten Coups - manche 'Farbenrevolution' oder 'humanitäre
Intervention' getauft. Jugoslawien auf dem Balkan wurde durch die
NATO-Bombardierung aufgeteilt und die Ukraine erlebte mehrere
'Farben'-Aufstände bis zum gegenwärtigen blutigen 'Bürgerkrieg'.
Washington und Brüssel interpretierten Putins Serie von versöhnlichen
Maßnahmen als Schwäche und fühlten sich frei, näher an Russlands Grenze
zu rücken und Russland-freundliche Regime zu stürzen.
In der Mitte des zweiten Jahrzehnts des neuen Jahrhunderts trafen die
USA und die EU die große strategische Entscheidung, Russlands Sicherheit
und ökonomische Souveränität aufzuweichen: Kontrolle über die Ukraine
gewinnen, Russland aus der Krim-Militärbasis am Schwarzen Meer zu werfen
und die Ukraine in einen vorgeschobenen NATO-Vorposten zu verwandeln
und die ökonomischen Verbindungen der Ostukraine mit Russland zu kappen -
besonders den russischen Markt für strategische ukrainische Waffen. Der
Coup wurde vom Westen finanziert und extremrechte und neo-Nazi-Gangs
lieferten die Sturmtruppen. Die Kiew-Junta organisierte einen
Eroberungskrieg gegen die anti-coup, pro-demokratischen Kräfte in der
südöstlichen Donbas-Region mit ihrer ethnischen und russisch-sprachigen
Majorität und starken industriellen Bindungen an Russland.
Als Putin endlich die deutliche Gefahr für Russlands nationale
Sicherheit erkannte, antwortete seine Regierung mit der Annektierung
[ein falscher Begriff - es muss heißen ein freiwillig gewünschter und
akzeptierter Anschluss. D.Ü.] nach einem Referendum und begann
Rückzugs- und Nachschublinien für die bedrängten anti-Kiew-Kräfte in der
Ostukraine zu liefern. Der Westen nutzte die Verwundbarkeit der
russischen Ökonomie aus, die sich aus Putins Entwicklungsmodell ergaben
und führte weitreichende ökonomische Sanktionen ein zum Schaden von
Russlands Ökonomie.
Westliche Sanktionen, russische Schwäche: Überdenken von Putins strategischem Herangehen
Der westliche aggressive Militarismus und die Sanktionen offenbarten
mehrere kritische Verwundbarkeiten von Putins ökonomischer und
politischer Strategie. Dazu gehören 1. seine Abhängigkeit von
west-orientierten 'ökonomischen Oligarchen', um seine Strategie
russischen ökonomischen Wachstums zu befördern; 2. seine Akzeptanz der
meisten Privatisierungen der Jeltsin-Ära; 3. seine Entscheidung, auf den
Handel mit dem Westen zu setzen und den China-Markt zu ignorieren; 4.
sein Setzen auf eine Öl- und Gas-Export-Strategie statt der Entwicklung
einer breit gefächerten Industrie; 5. seine Abhängigkeit von seinen
alliierten Raubritter-Oligarchen ohne Erfahrung in der Entwicklung von
Industrien, ohne echte Finanzkenntnisse, dürftige technologische
Expertise und ohne Marketing-Konzept, um den wichtigsten
Produktionssektor wiederherzustellen und zu leiten.
Im Gegensatz zu den
chinesischen, sind die russischen Oligarchen völlig abhängig von
westlichen Märkten, Finanzen und Technologien und haben wenig getan,
heimische Märkte zu entwickeln, Selbst-Finanzierung durchzuführen und
ihre Profite erneut zu investieren oder die Produktivität mit russischer
Technologie und Forschung zu verbessern.
Angesichts der West-Sanktionen sind Putins führende
Oligarchen-Verbündete das schwächste Glied bei der Formulierung einer
effektiven Antwwort. Sie üben Druck auf Putin aus, Washington
nachzugeben und betteln bei westlichen Banken, ihren Besitz und ihre
Konten von den Sanktionen auszunehmen. Sie wollen verzweifelt ihren
Besitz in London und New York schützen. Mit einem Wort wünschen sie
verzweifelt, dass Putin die Freiheitskämpfer im Südosten der Ukraine
aufgibt und einen Deal mit der Kiewer Junta macht.
Dies wirft ein Licht auf den Widerspruch in der Strategie von Putin, mit
den 'ökonomischen' Oligarchen zu arbeiten, die zustimmten, Putin in
Russland nicht anzugreifen, aber ihren massiven Reichtum auf westliche
Banken transferierten, in Luxus-Grundstücke in London, Paris und
Manhattan investierten und Loyalitäten außerhalb von Russland schufen.
Sie sind in der Tat eng verbunden mit Russlands aktuellen politischen
Feinden. Putins taktischer Erfolg, die Oligarchen vor sein
Wachstums-Projekt durch Stabilität zu schirren, hat sich in eine
strategische Schwäche bei der Verteidigung des Landes vor lähmenden
ökonomischen Vergeltungen verwandelt.
Putins Akzeptanz der Jeltsin-Privatisierungen lieferte eine kurzfristige
Stabilität, aber führte zu einer massiven Flucht von Privatkapital ins
Ausland statt im Land zu bleiben und in Projekte investiert zu werden,
um größere Selbstversorgung zu gewinnen. Heute ist die Fähigkeit der
russischen Regierung, ihre Ökonomie in eine Wachstums-Maschine zu
mobilisieren und zu verwandeln und dem imperialen Druck zu widerstehen
viel schwächer, als wenn die Ökonomie unter größerer staatlicher
Kontrolle gewesen wäre. Putin wird es schwer haben, die Privatbesitzer
großer Industrien zu überzeugen, Opfer zu bringen - sie sind zu sehr
daran gewöhnt, Vergünstigungen, Subventionen und Regierungs-Kontrakte zu
erhalten. Außerdem, da ihre finanziellen Partner im Westen Druck machen
auf Rückzahlung von Darlehen und neue Kredite verweigern, drohen die
privaten Eliten, Bankrott zu erklären oder die Produktion zu senken und
Arbeiter zu entlassen.
Die wachsende Flut westlichen militärischen Vordringens zu den
russischen Grenzen, die Kette gebrochener Versprechen in Bezug auf die
Einbeziehung Osteuropas in die NATO und die Bombardierung und
Zerstörung Jugoslawiens in den 1990er Jahren hätten Putin zeigen müssen,
dass keine noch so große Menge an einseitigen Konzessionen die
Akzeptanz durch den Westen als bona fide 'Partner' zu erlangen,
ausreichen würde. Brüssel und Washington blieben unerbittlich bei ihrer
Strategie der Einkreisung Russlands und seiner Erhaltung als Klient.
Statt sich westwärts zu wenden und Hilfe für US/NATO-Kriege anzubieten,
wäre Russland in einer weit besseren Position gewesen, den Sanktionen
und gegenwärtigen militärischen Drohungen zu widerstehen, wenn es
diversifiziert hätte und seine Wirtschaft und Märkte nach Asien,
ausgerichtet hätte, insbesondere China mit seinem dynamischen
ökonomischen Wachstum und wachsenden Inlandsmarkt, Investitionskapazität
und zunehmender technischer Expertise.
Es ist klar, dass Chinas
Außenpolitik nicht von Kriegen und Invasionen seiner Alliierten
begleitet war. Zwar hat sich Russland jetzt für zunehmende ökonomische
Verbindungen mit Asien entschieden, aber ein große Menge Zeit und Raum
ist verlorengegangen in den vergangenen 15 Jahren. Es wird ein weiteres
Jahrzehnt erfordern, um seine Wirtschaft neu zu orientieren, während
seine großen Industrien immer noch von mittelmäßigen Oligarchen und
Kleptokraten und Überbleibseln aus der Jetsin-Periode kontrolliert
werden.
Durch die Schließung der westlichen Märkte musste sich Putin nach China,
andere asiatische Länder und Lateinamerika ausrichten, um neue Märkte
und ökonomische Partner zu finden. Aber seine Wachstums-Strategie hängt
immer noch von Öl- und Gasexporten ab und die meisten der privaten
'Geschäftsführer' sind keine wirklichen Unternehmer, die in der Lage
sind, neue wettbewerbsfähige Produkte zu entwickeln, russische
Technologie und Knowhow einzusetzen und profitable Märkte zu finden.
Diese Generation von 'Geschäftsführern' hat nicht ihre Imperien oder
Konglomerate von 'Grund auf' errichtet - sie haben ihren Besitz vom
öffentlichen Sektor geraubt und vermehrten ihn durch staatliche
Kontrakte und Protektion. Moskau fordert sie jetzt auf, neue alternative
Märkte in Übersee zu finden, zu erneuern, in Wettbewerb zu treten und
ihre Abhängigkeit von deutschen Maschinen zu ersetzen.
Die Mehrzahl derer, die die russische industrielle Kapitalistenklasse
darstellen, sind eher Coupon-Schneider und Kumpane - am Westen
orientiert. Ihre Herkunft sind die Gangster und Warlord-Kreise, die
früher ihre Rivalen bei den öffentlichen Geschenken in den 1990-er
Jahren unter Druck setzten. Nach der Konsolidierung ihrer
Wirtschafts-Imperien versuchten sie, Respektabilität zu gewinnen,
heuerten Werbeagenturen an, um ihre Image aufzuputzen, und
Wirtschaftsberater, um sie bei Investitionen zu beraten, aber sie
zeigten nie eine Fähigheit, ihre Firmen wettbewerbsfähig zu machen.
Stattdessen blieben sie voll abhängig von Kapital, Technologie und
Vermittlungsimporten aus dem Westen und Subventionen von der
Putin-Verwaltung.
Die sogenannten russischen 'Kapitalisten'-Rentiers stehen in scharfem
Widerspruch zu den dynamischen chinesischen öffentlichen und privaten
Unternehmern, die aus dem Ausland von den USA, Japan, Taiwan und
Deutschland Technologie entlehnten, anpassten und verbesserten und
höchst wettbewerbsfähige Produkte erzeugen. Als die US-EU-Sanktionen in
Kraft traten, war die russische Industrie unvorbereitet, mit heimischer
Produktion einzuspringen und Präsident Putin musste Handels- und
Import-Abkommen mit China und anderen Ländern treffen.
Der größte strategische Mangel an Putins ökonomischer Strategie war
seine Entscheidung, sich auf Öl- und Gas Exporte in den Westen als
'Wachstums-Maschine' zu konzentrieren. Daraus resultierte Russlands
Abhängigkeit von hohen Importpreisen und westlichen Märkten. Dies im
Hinterkopf nutzten die USA und die EU Russlands Verwundbarkeit gründlich
aus beim Weltpreis für Energie und seiner Abhängigkeit von westlicher
Ölförderungs-Technologie, Ausrüstung und joint ventures.
Putins Politik baute auf eine Vision einer ökonomischen Integration mit
dem Westen zusammen mit größerer Kooperation und politischer Verbindung
zu den NATO- Mächten. Diese Annahmen haben sich durch den Gang der
Ereignisse als falsch erwiesen:
Die US und EU Kooperation war taktisch und nur möglich durch
asymmetrische, eigentlich einseitige Konzessionen von Russland -
insbesondere seine Bereitschaft, die traditionelle Alliierten auf dem
Balkan, dem Nahen Osten, Nordafrika und besonders im Kaukasus zu opfern.
Sobald Russland begann, seine eigenen Interessen zu wahren, wurde der
Westen feindselig und aggressiv.
Seit Russland gegen das Coup-Regime in Kiew war, wurde das Ziel des
Westen der Sturz von Putins Russland. Die anhaltende Offensive des
Westens gegen Russland ist nicht eine vorübergehende Phase: sie ist der
Beginn einer langwierigen, intensiven ökonomischen und politischen
Konfrontation.
Auch wenn Russland verwundbar ist, ist es doch nicht ohne Resourcen und
Fähigkeit zum Widerstand, zur Verteidigung seiner nationalen Sicherheit
und dem Fortschritt seiner Ökonomie.
Schlussfolgerung: Was ist zu tun?
Zuallererst muss Russland seine Ökonomie diversifizieren, es muss seine
Rohmaterialien industrialisieren und stark in die Ersetzung westlicher
Importe mit heimischen Produkten investieren. Zwar ist der Schwenk zum
Handel mit China ein positiver Schritt, aber es darf das alte Muster
wiederholt werden, Öl und Gas für Fertigprodukte zu tauschen.
Zweitens muss Russland seine Banken, Auslandshandel und strategischen
Industrien re-nationalisieren sowie die zweifelhaften politischen und
ökonomischen Loyalitäten und das Rentier-Verhalten der gegenwärtigen
disfunktionalen privaten 'Kapitalisten'-Klasse beenden. Die
Putin-Verwaltung muss von Oligarchen zu Technokraten übergehen, von
Rentiers zu Unternehmern, von Spekulanten, die in Russland verdienen und
im Westen investieren, zur Arbeiter-Beteiligung - mit einem Wort, es
muss den nationalen, öffentlichen und produktiven Charakter seiner
Ökonomie vertiefen. Es reicht nicht zu behaupten, dass Oligarchen, die
in Russland bleiben und Putin Loyalität erweisen, legitime ökonomische
Akteure sind. Sie haben im allgemeinen aus Russland desinvestiert, ihren
Reichtum ins Ausland geschafft und haben unter Druck westlicher
Sanktionen die legitime Staatsautorität in Frage gestellt.
Russland braucht eine neue ökonomische und politische Revolution, bei
der die Regierung den Westen als imperiale Bedrohung erkennt und bei der
man sich auf die organisierte russische Arbeiterklasse stützt und nicht
auf zweifelhafte Oligarchen. Die Putin-Verwaltung hat Russland vom
Abgrund zurückgerissen und hat unter den Russen Würde und Selbst-Respekt
zuhause und im Ausland wiederhergestellt, indem es sich gegen westliche
Aggression in der Ukraine wehrte.
Von hier aus muss Präsident Putin weiter vorwärtsschreiten und den
gesamten Jeltsin-Diebsstaat und -wirtschaft beseitigen, muss
reindustrialisieren, diversifizieren und seine eigen High Technology für
eine diversifizierte Ökonomie entwickeln. Und vor allem muss Russland
neue demokratische, populäre Formen der Demokratie schaffen, um den
Übergang zu einem sicheren, anti-imperialistischen und souveränen Staat
zu sichern. Präsident Putin hat Rückhalt bei der großen Mehrheit des
russischen Volkes; er hat wissenschaftliche und professionelle Kader; er
hat Alliierte in China und unter den BRICS-Ländern; und er hat den
Willen und die Macht, das "Rechte zu tun". Die Frage ist, ob Putin bei
dieser historischen Mission Erfolg haben wird oder ob er aus Furcht oder
Unschlüssigkeit vor den Drohungen eines gefährlichen und zerfallenden
Westens kapituliert.
James Petras ist Bartle Professor (Emeritus) für Soziologie an der Binghamton Universität, New York.
Übersetzung Einar Schlereth
http://nattvandare.blogspot.se/2014/11/russlands-verwundbarkeit-fur-die-eu-us.html
Gruß Hubert